Wednesday, November 29, 2006

Miese Abzocke

Manchmal macht es einem Schweden nicht leicht, es zu lieben. Die Parksituation in Malmö ist grausam, deshalb lasse ich mein Auto fast immer am Wohnheim stehen. Nur wenn ich größere Einkäufe tätige, fahre ich zum billigsten Supermarkt, zu "Willy´s". Dort parkt man umsonst - dachte ich bisher. Heute wurde ich eines besseren belehrt. Als ich aus dem Laden kam, hatte ich einen Strafzettel über 300 Kronen (33 Euro) am Wischer.
Das hat mich zunächst sehr verwirrt, bis ich unter dem großen Schild "Frei Parken für Kunden" eine kleine Tafel entdeckte. In kompliziertem Schwedisch hieß es dort, dass man einen Parkschein lösen muss, der einem an der Kasse erstattet wird! Und siehe da, plötzlich entdeckte ich auch einen Parkscheinautomaten hinter einer Fischbude versteckt. Die letzten zehn Male hatte ich wohl nur Glück, keinen Strafzettel zu bekommen.
Jetzt weiß ich nur nicht, ob ich das Teil auch zahlen will, schließlich bin ich nur noch sechs Wochen in Schweden und außer ein paar "Drohbriefen" passiert einem angeblich auch nichts. Ich bin zwar normalerweise auch dafür, dass jeder seine Suppe auslöffeln sollte, aber in dem Fall fühle ich mich einfach nur abgezockt.

Tuesday, November 28, 2006

Endspurt


Heute wurde ein Weihnachtsbaum vor unserem Wohnheim aufgestellt. Auf Schwedisch heißt der immer "julgran", obwohl "gran" eigentlich Tanne heißt. Trotzdem kann auch eine Fichte ein "julgran" sein. Alles klar?

Endlich ist es auch hier wieder frühlingshafter. Aber was nutzt der schönste Sonnenschein, wenn die Sonne um drei schon wieder untergeht. Vielleicht sollte ich etwas früher aufstehen...

Heute in der Uni-Bib bin ich innerhalb einer halben Stunde zu drei verschiedenen Veranstaltungen eingeladen worden: a) Samstags Geburtstagsfeier mit 70er-Jahre-Motto bei Heidi (AUS), b) mit den Finnen in die Sauna und anschließend ins Meer hüpfen, c) Weihnachtsdinner mit den Spaniern. a) + c) auf jeden Fall, b) auf keinen - das Wasser ist sooo kalt. Trotzdem muss ich häufiger in die Bib...
Yasmine hat mich via Skype noch auf eine geniale 70er-Jahre-Verkleidung gebracht: KISS. Wenn ich noch drei andere überzeugen kann und uns jemand schminkt, sind wir voll die Helden!

Ich bin jetzt nur noch knapp sechs Wochen in Schweden, am 10. Januar kommt der Hausverwalter vorbei, um mein Zimmer abzunehmen, abends fährt dann die Fähre nach Rostock, auch schon gebucht. Der Endspurt hat begonnen.

Die Finnen in der Bib haben mich dann noch auf was sehr Geniales bei youtube hingewiesen, auf den Helsinki Complaint Choir. Einfach anklicken, ich find´s lustig:

Friday, November 24, 2006

Promi-Nudeln

Eine relativ unspektakuläre Woche neigt sich dem Ende.
Nachdem noch ein paar Leute zu unserem Kurs dazugestoßen sind, liegt der Deutschen-Anteil nur noch bei 60 Prozent. Diese Woche haben wir unter anderem über den Nahostkonflikt diskutiert und unter anderem die Oliver-Stone-Dokumentation "Persona non grata" analysiert. Ganz übles Teil, meiner Meinung nach. Vielleicht bin ich auch zu kritisch, aber die oberflächliche Herangehensweise, das ständige Handkamera-Gefummel und die dramatisierende Musik sind mir richtig auf die Nerven gegangen. Amis halt. Bis nächste Woche soll ich eine Kurzgeschichte schreiben, ich schreibe wohl über Nordirland.
Mittwochs Student Pub, andere DJs, trotzdem keine gute Musik. Fast alle alkoholischen Getränke waren um 1 Uhr ausverkauft, ich musste am Ende sogar auf Erdbeer-Limes umsteigen!
Gestern dann Party in "Sommerstaden", war auch nicht so überragend. Lustig wurde es erst, als Nacho seine Mini-DV-Kamera holte und wir unseren eigenen Oliver-Stone-Film drehten. Motto: Afterparty der UN-Generalversammlung. Jede(r) musste ein Staatsoberhaupt spielen. Highlights: Jaume als Tony Blair, Laure als Angela Merkel und ich (bei aller Bescheidenheit) als Geist von Jassir Arafat. Ganz nebenbei haben wir den Nahost-Konflikt gelöst.
Christine hatte drei Freundinnen aus Irland zu Besuch, die waren unglaublich (betrunken). Alice hat es tatsächlich geschafft, Eileen eine PET-Flasche aufs Auge zu schießen, das natürlich sofort anschwoll...
Vorhin war ich noch einkaufen. Zwischen Brot und Wursttheke hatte sich eine Menschentraube gebildet. Ich musste natürlich wissen, was es da zu sehen gab. Plötzlich winkte mir ein blonder Hüne zu und drückte mir ein Tellerchen mit Nudeln in die Hand, zum Probieren. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, im "Maxi"-Supermarkt bekommt man häufiger Kostproben, Fisch, Käse, Fertiggerichte. Das einzig Irritierende war, das mir der Kerl irgendwie bekannt vorkam, außerdem schmückte sein Konterfei die Pasta-Sauce. Glenn Strömberg hieß der Typ. Aber woher kannte ich ihn? Daheim habe ich den Namen gleich gegoogelt und siehe da: Glenn Strömberg war früher schwedischer Fußball-Nationalspieler und ist heute Kommentator - ich hatte ihn schon häufiger im schwedischen Fernsehen gesehen. Nebenbei verdient er sich (als ehemaliger Italien-Profi) sein Geld mit Pasta-Sauce und Pesto. Macht Sinn. Wahrscheinlich verkaufen die schwedischen Bundesliga-Spieler in fünf Jahren deutsches Bier...

Sunday, November 19, 2006

Im Untergrund

Seit gestern weiß ich, was ein "Black Pub" ist: eine Art düstere Kellerbar ohne offizielle Ausschankerlaubnis, mit billigem Schmuggelbier aus der Dose und ohne Ausschankschluss!!! Ein Geschäftskonzept, das sich in Schweden einfach durchsetzen muss. Außerdem - besonders verr(a)ucht - darf da auch geraucht werden. Das erste Mal seit drei Monaten, dass meine Klamotten nach Rauch stinken. Das hatte ich überhaupt nicht vermisst...
Zwei nervöse Typen am Eingang standen Schmiere und waren einerseits froh, andererseits ein bisschen beunruhigt, als wir um drei in einer lautstarken Gruppe von 15 Leuten anrückten.
Die Betreiber sehen so aus, als ob sie alle miteinander verwandt und große Freunde bequemer Freizeitkleidung sind. Und die Musik fällt immer aus, wenn ausnahmsweise mal ein gutes Lied gespielt wird. Aber der Laden ist so trashig, dass es einfach nur noch cool ist.
Reini aus Wien hat uns den Tipp gegeben. An den muss ich mich jetzt häufiger halten, er kennt wirklich noch viele Ecken Malmös, von denen ich nicht wusste.
Um halb sieben bin ich dann heim gekommen - der heutige Tag wird wohl eher ein Ruhetag...

Wednesday, November 15, 2006

Man spricht deutsch - zumindest theoretisch

Mein neuer Kurs "Media, War, Resistance" hat am Freitag begonnen und verspricht eine Menge Arbeit. Jede Woche eine 10-Minuten-Präsentation, viel zu lesen, bis Weihnachten muss ich eine Buchbesprechung schreiben und bis zum 10. Januar eine 15-Seiten-Hausarbeit. Trotzdem ist der Kurs sehr interessant, wir analysieren die Medienberichterstattung zu allen möglichen Kriegen und Konflikten.
Die Gruppe ist sehr klein, wir sind nur sieben Leute (!), davon (leider) sechs Deutsche. Die einzige teilnehmende Schwedin hat noch griechische Eltern, der Professor kommt aus Dänemark. Die meisten anderen Schweden sind in schwedische Kurse gegangen, ist halt doch ein bisschen einfacher in der eigenen Sprache...
Bis morgen muss ich noch ein Referat über die Berichterstattung zum Irakkrieg in einer deutschen Zeitung vorbereiten. Ich habe "Die Zeit" gewählt, war dann aber schon etwas geschockt, dass es allein 2003 mehr als 500 Artikel zum Irakkrieg gab. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie habe ich das Ganze inzwischen ziemlich zerhackt und auszugsweise übersetzt. Auf die (fast fertige) Powerpoint-Präsentation bin ich ziemlich stolz. Wenn ich das jetzt jede Woche mache, schieße ich am Ende meines Schweden-Aufenthaltes Referate in Englisch aus der Hüfte als ob nichts dabei wäre.

Tuesday, November 14, 2006

Stockholm im Herbst











Manchmal hat man einfach zu hohe Erwartungen. Ich war ja vor vier Jahren schon in Stockholm und einfach nur begeistert. Damals war allerdings August, es hatte 30 Grad und alles strahlte mit der Sonne um die Wette.
Stockholm ist eigentlich so schön geblieben wie es war: Viel Protz und Prunk, geniale und sündhaft teure Geschäfte, verwinkelte Gässchen in der Altstadt und überall die Nähe zum Meer. Allerdings lief diesmal einiges schief: Den ganzen Samstag regnete es, sonst war es meist bewölkt und ziemlich kalt, die Sonne ging schon um halb vier unter. Mein Mitreisender war nur für wenige Dinge zu begeistern, nicht für wirklich coole Museen, nicht für das Schiff "Wasa", das nach 333 Jahren aus dem Stockholmer Hafenbecken geborgen worden ist, nicht für gemütliche Cafés und auch nicht für eine der Altstadtkneipen oder das pralle Nachtleben der Hauptstadt. Stattdessen hetzten wir am Samstag acht Stunden durch die Gegend, am Sonntag hatte ich Blasen an den Füßen.
Stefan kannte ich aus dem Sprachkurs und nachdem an dem Wochenende sonst keiner Zeit hatte und ich unbedingt noch nach Stockholm wollte, bevor es richtig kalt wird, sind wir zu zweit gefahren. Leider hatten wir außer dem Vornamen nicht allzu viel gemein. Wären wir eine größere Gruppe gewesen, hätte sich das leichter kompensieren lassen. So war es mehr Anstrengung als Spaß.
Zu allem Überfluss wurden mir dann im Hostel in einem einzigen unachtsamen Moment noch 500 Kronen (50 Euro) aus der Tasche geklaut.
Trotzdem gab es auch schöne Momente, vielleicht komme ich ja mal nach Stockholm zurück. Dann überlege ich mir vorher allerdings genau, wann und mit wem ich reise...

Friday, November 10, 2006

Du bist Eichstätt


Ein weiterer Kurs ist zuende, zum Abschluss von "Media and culture as a research field" gab´s eine lebhafte Diskussion zum Thema Feminismus. Alle Schweden sind bekennende Feministen, von uns Austauschstudenten wollten nicht alle so weit gehen. Ich bin unbedingt für Gleichberechtigung usw., aber mit der ganzen Latzhosenideologie will ich mich deswegen aber auch nicht gleich identifizieren. Immerhin handelt es sich nicht um hohle Phrasen - die Frauenquote in sämtlichen Berufen und Führungsetagen ist in Schweden wirklich sehr viel höher als anderswo. Inzwischen ist auch mein Essay fertig, ich kann morgen guten Gewissens nach Stockholm fahren!
Gestern noch ein Pflichttermin: Kick-off für die schwedischen Studenten, die im Sommersemester ins Ausland wollen. Ich war Botschafter für Eichstätt und hatte Hochglanzbroschüren vom Naturpark Altmühltal und ein etwas altbackenes Heftchen von der Uni dabei. Bei der Gelegenheit habe ich auch Robin kennen gelernt, der im vergangenen Jahr in Eichstätt war. Im nächsten Jahr kommt die Schwedin Sandra an die KU und sie freut sich schon sehr, obwohl ich ihr schonungslos die ganze Wahrheit über Eichstätt berichtet habe ;-)

Sunday, November 05, 2006

Gute Nacht

































Manchmal, wenn man eigentlich gar keine Zeit und Lust hat, wegzugehen, auf die x-te Halloween-Party, oder sonstwohin, wenn man sich an solchen Tagen überwindet und doch noch auf die Piste begibt, kann es passieren, dass man sich so gut amüsiert wie sonst nur selten. Goodbye and cheers, Phil and Julian! Your party rocked!

Friday, November 03, 2006

Ohne Fleiß keine Reis´

Die nächsten Tage ist wieder mal konzentriertes Arbeiten angesagt. Bis Freitag muss ich einen zehnseitigen Essay über die Entwicklung der Nachrichtenforschung abliefern. Eigentlich kein neues Thema für mich, aber irgendwie setzt man hier etwas andere Schwerpunkte und mich auch auf einige "Pflichttexte" beziehen. Also nix mit abschreiben von deutschen Vorlagen...
Und auch wenn ich mein Englisch für ganz brauchbar halte, ist es doch etwas anderes, eine Arbeit mit halbwegs akademischen Anspruch zu verfassen.
Deshalb werde ich mich bis auf Weiteres verbarrikadieren und größtenteils am Schreibtisch verbringen. Den richtigen Auftrieb für den Tag gibt ein morgendlicher Lauf, bei 0 Grad, Sonnenschein und Windstille sind die Bedingungen wieder ideal! Wenn ich bis morgen mindestens vier Seiten geschafft habe, gehe ich abends noch kurz zur Abschiedsparty für Julian und Phil, zwei wirklich nette Engländer, die nur für den Sprachkurs und ein Seminar hier waren.
Wenn ich ansonsten weiter fleißig bin, habe ich mir am nächsten Wochenende den Ausflug ins wunderschöne Stockholm (Bild) verdient. Darauf freue ich mich jetzt schon sehr! Aber davor kommt noch eine Woche zähen Arbeitens...

Wednesday, November 01, 2006

Herbstsemester? Wintersemester!


Ist es kalt bei euch? Schneit es? Weht ein Polarwind? Wie oft bin ich das in den vergangenen Wochen gefragt worden. Nun kann ich endlich sagen: "Ja! Ja! Ja!"
Durchs geschlossene Fenster war es heute morgen ja noch ganz nett, tanzende Schneeflocken und sich biegende Bäumchen zu betrachten. Aber wehe dem, der raus muss! Ein Grad plus, aber gefühlte Minusgrade! Als ich die Uni erreicht hatte, kam ich mir vor wie Arved Fuchs und Reinhold Messner nach ihrer Südpolexpedition, nur dass ich noch alle Fußzehen besaß. Besonders toll ist ein kleiner Steg nahe der Uni, auf dem man völlig frei dem Wind ausgesetzt ist. Gut, dass ich bereits für nächste Woche einen Trip nach Stockholm geplant habe - das liegt noch 600 Kilometer weiter im Norden...
Zum Positiven: Unser Prof erschien nicht zur Arbeit, da er aus Kopenhagen stammt und die Öresundbrücke wegen des Wetters gesperrt worden war. So gingen wir alle ins "Göks boet" (Kuckucksnest), das gemütlichste Café, das ich in meinem bisherigen Leben gesehen habe! Urige Gemäuer, sparsames Licht, duftendes Gebäck und dampfender Kaffee. In dieser netten Atmosphäre wurden dann endlich auch einige Schweden gesprächig, die sich bisher eher verschlossen gaben. Nach ein paar Stunden wusste ich mehr über Auslandssemester in Istanbul und Tansania, schwedische Weihnachtsbräuche und gute Clubs in Kopenhagen. Um wieviel interessanter als eine Vorlesung über das "Encoding/Decoding"-Modell nach Stuart Hall...
Aber die Realität holt einen schnell wieder ein, draußen wartete bereits die feuchte Kälte und daheim ein erschreckend hoher Bücherstapel.
Aus dem Herbst- ist ein Wintersemester geworden.